Mut zum Neustart
Wie wir mit dem Unfall und dem damit verbundenen Abbruch unserer Reise umgegangen sind, haben wir im letzten Fazit-Beitrag erklärt. Auch wenn es kein einfacher Weg für uns war, haben wir den Mut zu einem erneuten Start gefunden. Bereits auf dem Rückweg aus dem Iran haben wir beschlossen, dass wir nochmal versuchen müssen. Nur war der Zeitpunkt nicht klar definiert. Sollen wir es gleich nächstes Jahr nochmal versuchen oder sollen wir vielleicht ein paar Jahre warten. Die Metall Platte und die Schrauben aus dem Iran müssen auch irgendwann wieder raus aus mein Bein. Was werden unsere Arbeitgeber uns sagen, wenn wir eröffnen, dass wir nochmal gehen möchten? Den Vogel zeigen wahrscheinlich. Wir haben aber erstmal beschlossen, dass wir an unseren Ziel festhalten und schauen was kommt.
Was haben wir nach der Reise gemacht?
Als wir Zuhause ankamen, blieb uns kaum Zeit runter zu kommen oder zu entspannen. Das ganze Zeug auspacken und schon musste ich mich für meinen ersten Arbeitstag vorbereiten. Nach und nach haben wir das Zeug sortiert, gewaschen und verstaut. Die Motorradsaison ist noch nicht vorbei aber wahrscheinlich werden wir keine große Tour mehr dieses Jahr machen. Die Motorräder habe ich auch gewaschen und für einen größeren Service vorbereitet. Die ersten Arbeitstage waren nicht anstrengend, viele wollten mit mir reden, denn meine Geschichten waren ziemlich ungewöhnlich und ich konnte kaum meine Aufgaben erledigen. Nach und nach stellte sich der Alltag ein. Eigentlich hat sich in der Zeit, in der wir weg waren nicht viel verändert. Alles blieb beim alten.
Warum haben wir die Idee nicht aufgegeben?
Aus Angst. Ja - aus Angst es später mal zu bereuen. Allein der Gedanke mit 80 im Schaukelstuhl zu wippen und daran zu denken, dass wir uns den großen Traum unserer Jugend nicht erfüllt haben, nur weil es nicht beim ersten Mal geklappt hat. Wir haben so viele andere Reisende kennengelernt, die ebenfalls mal eine Reise aufgrund eines Unfalls oder anderen Umständen abbrechen mussten. Das ist zwar eine Katastrophe für den Moment, aber es passiert eben manchmal. Mit dem Risiko muss man leben. Wie schon erwähnt, sind wir nicht besonders ängstlich, aber wir suchen auch nicht gezielt nach irgendeinen Kick. Ja, es hat beim ersten Versuch nicht geklappt, aber wir sind dennoch gesund wieder Nachhause gekommen. Beim zweiten Versuch muss es einfach klappen. Also was spricht im Endeffekt dagegen? Der Arbeitgeber? Oder die finanziellen Mittel?
Wie haben wir es mit unseren Arbeitgebern vereinbart?
Nun ja, ich hatte Glück mit meinem Arbeitgeber. Ich hatte in der Zwischenzeit mit Kollegen immer mal wieder geschwätzt dass ich gerne nochmal versuchen würde, denn schließlich war ja das Geld der für die Reise geplant war, noch da. Bei einen ernsten Gespräch mit dem Vorgesetzten machte ich meinen Plan bekannt. Sie konnten menschlich genau nachvollziehen, wie es mir geht und wie wichtig mir diese Reise ist. "Ich habe es schon geahnt!", sagten sie. So stimmten sie eigentlich sofort zu. Was für ein Glück. Bei Susi war es etwas anders. Sie hatte inzwischen einen anderen Arbeitgeber, der Job gefiel ihr sehr, war aber befristet. Auch sie hatte Glück mit dem kulanten Chef. Er willigte ein, dass sie zum April hin kündigen könnte. Also war alles halb so schlimm ;) Kommunikation ist hier das A und O.
Wie haben wir es finanziell hinbekommen?
Naja, dadurch, dass unsere eigentliche Reise 2018 nach einem Monat schon vorbei war, hatten wir den Großteil unserer Ersparnisse noch. Also vereinbarte ich erneut ein Sabbatical mit meinem Arbeitgeber (halbes Jahr Arbeit, halbes Jahr frei und das ganze Jahr über den halben Lohn). Susi bekam eben bis zur Kündigung ganz normal ihren vollen Lohn. Durch unsere sparsame Lebensweise im Alltag, konnten wir sogar noch gut was zusätzlich ansparen und waren somit finanziell bereit für das neue Abenteuer. Wie man es mit dem Arbeitgeber machen kann, haben wir in unseren Beitrag: #01 Wie alles angefangen hat erklärt.
Wie haben wir uns diesmal vorbereitet?
Die Reiseplanung war ja schon vom Vorjahr fertig, Unsere Route hat sich allerdings leicht geändert. Vielleicht aus Angst, vielleicht einfach weil das Land zu groß ist, vielleicht weil es mit Turkmenistan so kompliziert ist, vielleicht weil wir nicht nochmal extra ein Carnet de Passage beantragen wollten, haben wir uns entschieden, diesmal nicht über den Iran, sondern über Russland das kaspische Meer zu umfahren. Visatechnisch haben wir nur Russland von daheim beantragt, den Rest kann man unterwegs beantragen. Letzten mal waren die Vorbereitungen deutlich komplizierter wegen dem Iranischen und Turkmenischen Visum und dem besagten Carnet de Passage. Die Motorräder waren noch fit. Reifen waren noch Top, Ketten wie neu und das Öl war frisch gewechselt. Technisch haben wir diesmal etwas aufgerüstet und Susi hatte ein Smartphone mit besserer Kamera, mehr Speicherplatz und den Reiseapps MapsMe und I-Overlander drauf. Außerdem habe ich mir eine etwas bessere Fotokamera besorgt. Unsere Gepäck-Konfiguration blieb unverändert, denn wir haben es bereits 2018 ausgiebig getestet.
Es geht wieder los
Ihr könnt euch dass Gedankenkarussell am Tag der Abfahrt bestimmt vorstellen. Werden wir es diesmal ganz und heile schaffen? Haben wir den Unfall schon ganz verarbeitet? Was, wenn wieder was passiert, halten wir und unsere Beziehung noch so einen Rückschlag aus?
Aber es hilft nichts. Es war klar: wie müssen es einfach nochmal versuchen. Denn wir wollen es im Alter nicht bereuen unseren so großen Traum nicht verwirklicht zu haben. Also stehen wir hier im Garagenhof und lassen die Motoren warm laufen. Wir spüren die Morgensonne auf der Haut und die Aufregung im Herzen. Ein Kuss, ein letzter Blick zurück und schon fahren wir wieder in unsere Sehnsuchtsrichtung: nach Osten. Am ersten Mai 2019 fahren wir los und wollen bis in die Mongolei kommen und heile wieder zurück kommen.
Anfahrt bis Istanbul
Am ersten Tag fahren wir bis nach Wien. Wir bauen unseren Zelt auf einen Campingplatz und fahren mit dem U-Bahn in der Stadt. Wien ist natürlich spannend aber wir haben nicht genug Zeit den Österreichischen Hauptstadt ausgiebig zu erkunden. Am nächsten Tag fahren wir bis nach Budapest und machen das gleiche wie in Wien. Wir suchen uns ein Campingplatz und fahren am Nachmittag in die Stadt. Budapest ist ebenfalls schön und hat uns persönlich etwas besser gefallen als Wien. Wir werden mit Sicherheit Budapest nochmal besuchen. Am dritten Tag fahren wir nach Rumänien. Es gab viel Verkehr, Stau an der Grenze und es war auch noch sehr windig. Nachdem uns ein SUV knapp und sehr gefährlich überholte und vor uns auch noch Müll aus dem Fenster geworfen hatten, reichte es uns völlig, wir verlassen die Hauptstraße und fahren durch kleine Ortschaften auf Nebenstraßen weiter. Zum Übernachten finden wir einen Hüttencampingplatz aber wir bekommen keine Hütte mehr. Alle sind schon gebucht. Wir bekommen aber trotzdem ein Zimmer in einem alten Haus. Zum Zelten war es zu kalt und die ganze Zeit ungewöhnlich windig. Das wir nicht bei der Hütten gezeltet haben, war gut denn da wurde abends eine Party gefeiert.
Am nächsten Tag fahren wir bei wechselhaftem Wetter, auf kleine Nebenstraßen und durch kleine Ortschaften bis in meine Heimatstadt Sächsisch Regen, wo meine Eltern noch leben. Den "Jahrestag des Unfalls" dürfen wir zufällig bei meiner Familie verbringen. Wegen schlechtem Wetter machen wir einen Tag Pause und besuchen Verwandtschaft. Wir fahren schließlich weiter aber das Wetter ist immer noch wechselhaft und wir überqueren die Karpaten bei Regen und Wind. Schade, aber unsere Ziel sind nicht die Karpaten sondern das Pamir Gebirge und die Mongolische Steppe. Die Karpaten werden wir sicherlich öfter besuchen können. Wir übernachten in Sinaia, einem ziemlich bekannten Skiort, in einer Pension ohne abgesperrter Hof.
Dann kommt eine Prämiere: Weder Susi, noch ich haben jemals Bukarest, die Hauptstadt Rumäniens gesehen. Um nach Bulgarien zu kommen, müssen wir diese passieren. Sicher bieten das Zentrum und die Altstadt tolle Touristische Attraktionen, aber bei Regen die Umgehungsstraße in der Rush-Hour zu wagen ist nicht empfehlenswert. Vorfahrtsregeln scheinen hier wie fehl am Platz zu sein: Der größere hat immer Vorrang. So trauen wir uns in einer Kreuzung nur parallel neben einen LKW links abzubiegen um nicht von den PS-starken SUVs umgefahren zu werden. Der Kampf auf dieser Straße schockt uns und bleibt uns lange in Erinnerung. Wir müssen auf jeden Fall auch mal die schönen Seiten dieser Stadt kennenlernen, aber wie eben gesehen, ist eben nicht immer alles schön auf Reisen. Aber dafür werden wir ein anderes mal hierher kommen. Weiter geht es nach Giurgiu, dort wollen wir übernachten, aber wir finden leider keine "normale" Pension so das wir uns entscheiden über die Donaubrücke rüber nach Russe in Bulgarien zu fahren und dort was suchen. So machen wir es und finden gleich das Hotel Family in Russe. Wir spazieren in der Stadt, essen ein Shaorma und unterhalten uns mit dem Ladenbetreiber auf Russisch, Englisch und Französisch. Leider ging es mir seit Rumänien verdaungstechnisch nicht gut und die scharfe Shaormasauce gab mir den Rest. In der Nacht habe ich heftige Bauchschmerzen und Susi muss bei der Rezeption nach Klopapier fragen.
Bei etwas besserem Wetter konnten wir die Fahrt durch Bulgarien genießen. Alles ist sehr grün und man fährt wie durch einen Pflanzentunnel. Am Vormittag besichtigen wir die Ruinen des mittelalterlichen Dorfes Cherven, von dem aus man eine wunderbare Sicht auf die umliegenden Schluchten hat. Die Mittagspause verbrachten wir auf eine kleine Wiese am Straßenrand, wo es summte und zwitscherte.
Auf Facebook-Gruppen von Motorradreisenden haben wir so oft vom Moto-Camp Bulgaria gelesen, so dass wir dieses mal sicher nicht dran vorbeifahren werden. Es liegt in einem kleinen Dorf, die Anfahrt bei gutem Wetter über kleine Straßen über Hügel ist wunderbar. Und dort eine Überraschung. Ungeplant findet wahrscheinlich das größte Husqvarna Terra - Treffen in Europa statt. Ganze fünf davon sind hier auf dem Motocamp in Idilevo vereint. Wir treffen nämlich Sofie und Joe, ein belgisches Pärchen, deren Seite (Destination World) wir schon vor unserer Reise interessiert gelesen haben (Sie hatten die gleiche Reise vor und sind ebenfalls im Iran "gescheitert") und einen weiteren Terra-Fahrer aus Israel. Wow, das ist verrückt, allein deswegen hat sich der Stopp hier bei Polly und Ivo schon gelohnt. Wir bekommen ein Zimmer für eine Nacht und kochen uns etwas zum Essen in der Outdoorküche.
Nachdem wir gefrühstückt hatten, haben wir uns auch in das Guest Book eingetragen. Dort sehen wir, dass sich ein Tag vorher ein anderes deutsche Paar sich eingetragen hat und ebenfalls in die Mongolei fährt. Mal schauen ob wir sie einholen. Nach etwas Geplauder verabschiedeten uns von allen. Wir fahren über kleine Straßen in die Berge, wo wir über einen kleinen Pass fahren um das Buzludzha Monument zu sehen. Obwohl die Sonne schien war es noch ziemlich kalt aber wir hatten einen wunderschönen Panorama Weitblick von oben. Etwas weiter unten fanden wir einen perfekten Pausenplatz, nur leider will unseren Benzinkocher nicht mehr brennen, also gabs nur Brotzeit.
Unser Ziel für heute war Swilengrad wo wir uns in Voraus ein günstiges Hotel rausgesucht hatten. Es war optimal, günstig, sauber, freundliche Leute und ein abgesperrter Hof. Wir gingen noch einkaufen und die Besitzerin empfahl uns eine Pizzeria. Dort genießen wir eine Pizza zusammen und laufen dann zurück. Schon an der Kreuzung empfängt uns der Besitzer: unsere Kollegen seien angekommen! Wir ahnten es schon. Wir fanden Fabis und Chris Motorräder im Hof. Sie sind das Pärchen, das sich beim MotoCamp Bulgaria vor uns in das Gästebuch eingetragen hat. Wir duschen, waschen unsere Klamotten und hoffen, dass uns morgen die Türkei mit besseren Wetter empfangen wird.
Es geht endlich in die Türkei heute. Die Grenzprozedur kennen wir vom Vorjahr. Wir freuten uns schon auf das ganze leckeren Essen und guten Çay. In Edirne bekamen wir die erste Runde Çay in einen edlen Restaurant und die zweite an einer Tankstelle. Eine SIM Karte wollten wir noch auftreiben, doch es scheint etwas kompliziert zu sein wenn man keinen türkischen Pass hat, eine SIM Karte zu bekommen, denn die Verkäufer wimmeln uns lieber ab und sagen dass sie keine haben. Egal, die Türkei können wir auch ohne Internet durchqueren, wir wollen ja schließlich in die Mongolei. Den Weg haben früher die Reisenden auch ohne Internet gefunden und außerdem wer ist schon an Internetmangel gestorben? Wir fahren weiter Richtung Istanbul, leider regnet es leicht und wir fahren mit unseren Regenklamotten. In Silivri, etwas mehr als 100Km vor Istanbul, finden wir ein gutes Hotel mit Garage. Von dort laufen wir in die Stadt und ans Meer. Wir essen Leckereien und kaufen nach Lust und Appetit ein. Es ist schön, wieder in der Türkei zu sein.
Karte
Link zum Kurviger Routenplaner:
Zu diesem Blogbeitrag könnt ihr euch das Video anschauen, hier der Link zum Video:
6 - monatige Motorradreise durch Zentralasien - Folge 1 viel Spaß beim zuschauen.
Im nächsten Beitrag geht es um die Türkei. Bleibt dran, Danke fürs Vorbeischauen und machts gut.
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